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VIDAS SECAS | KARGES LEBEN
BR 1963, R: Nelson Pereira dos Santos, 103’ | OmU)



Nelson Pereira dos Santos, der schon in Rio, 40 Graus (1954) und in Rio, Zona Norte (1957) die brasilianische Tradition des Carioca durch den Filter des italienischen Neorealismus in Szene gesetzt hatte, führt diesen Ansatz im Authentizitätsgestus von
Vidas Secas fort.
Vidas Secas ist der Versuch einer filmischen Übertragung des gleichnamigen Romans
von Graciliano Ramos, wobei die Bilder die literarische Struktur einer bitteren Parabel beibehalten, die das Schicksal einer ärmlichen Bauernfamilie porträtiert.
Neben Vidas Secas wurde der Sertão auch in weiteren Meisterwerken des Cinema Novo, etwa in Rochas Deus o Diabo na Terra do Sol und in Ruy Guerras Os Fuzis zum Ort der Revolte und Ausgangspunkt einer sozialen Analyse.
1963 entsteht Vidas Secas: die langsamen Kamerabewegungen, die Tiere und Menschen in ihrer materiellen Verbindlichkeit einschließen, die sporadischen Dialoge und die ver-
zerrte, lärmende Musik geben alarmierte Signale einer destabilisierten Gegenwart wieder. So sind die Jahre vor dem Militärputsch von 1964 von einem künstlerisch-politischen Aktivismus gekennzeichnet. Die Entstehung des Bossa Nova, das Wiederaufleben der künstlerischen Avantgarde (1956-1964), die Gründung der Ligas Camponesas, die im Nordosten für die Rechte der Landarbeiter kämpften, und nicht zuletzt die Entstehung der
CPC (Centro Popular de Cultura) sind sämtlich Anzeichen einer neuen Idee von „cultura
popular“.
Von Glauber Rocha als „Gewissen“ und „Vorreiter“ des Cinema Novo gerühmt, entzündet Pereira dos Santos in Vidas Secas kein Licht der Hoffnung: die Sonne steht hier denn
auch nicht für die Antizipation einer besseren Zukunft.

Einführung am 10.5.: Cecilia Valenti

10.05. | 18:30
13.05. | 20:30


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