INSIANG
RP 1976, R: Lino Brocka, P: Ruby Tiong Tan, D: Hilda
Koronel, Mona Lisa, Ruel Vernal,
95’ | Ome+fU

Ein furioses Melodram, das sich konsequent seiner Belegschaft entledigt.
Lino Brockas
Meisterwerk spielt in den Slums Manilas und handelt vom Leidensweg
der jungen Insiang,
die anfangs von Mitmenschen umgeben ist
und am Ende mutterseelenallein über eine
menschenleere Plaza läuft. Im
Mittelteil des Films werden zwei Familienmodelle
vorgestellt und für
untauglich befunden. Zunächst die integrative, traditionelle
Großfamilie:
Brüder, Schwestern, Tanten und Großeltern leben alle unter einem Dach.
Statt Solidarität herrschen jedoch Betrug und Misstrauen. Das zweite Familienmodell
ist eine Perversion, vielleicht auch eine Demaskierung der
modernen Kernfamilie.
Tonia holt ihren jungen, brutalen Liebhaber Dado ins
Haus. Dieser hat aber bereits
ein Auge auf Insiang geworfen. Noch weitaus
radikaler als die Großfamilie wird der
Film diese Kernfamilie zerstören.
Lino Brocka, der vielleicht bedeutendste philippinische Regisseur, betrachtete
es als die Aufgabe jeden Künstlers, Stellung zu aktuellen sozialen und
politischen
Auseinandersetzungen zu beziehen. So beteiligte er sich in den
1980er Jahren mit
der von ihm gegründeten Organisation Concerned
Artists of the Philippines (CAP)
an den bürgerlichen Protesten gegen den
Diktator Ferdinand Marcos. Brockas Filme
sind geprägt von der Spannung
zwischen diesem intervenierenden Gestus und den Zwängen des Genrekinos,
in welchem er Zeit seiner Karriere arbeitete. Kein anderer
Film Brockas
macht diese Spannung so produktiv wie Insiang.
Einführung am 24.05.: Simon Rothöhler
20.05. | 20:00
24.05. | 19:00
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