SOLEIL Ô
RIM/F 1969, R: Med Hondo, 98’ | DVD, OmeU

Der mauretanischstämmige Filmemacher Med Hondo gelangte über den
Umweg des Theaters zum Film. Dem reproduzierbaren Medium dachte er
das Potenzial zu, das Publikum und mithin die gesellschaftliche Relevanz
seines künstlerischen Schaffens zu vervielfältigen. Als afrikanischer Migrant
im Paris der 1960er Jahre machte Hondo jene Erfahrungen, die in seinem
ersten Langfilm Soleil Ô zu einem schmerzvollen, aber befreienden Ausdruck
drängen: Der Rassismus im Kleinen wie im (strukturellen) Großen, der
den Alltag der afrikanischen Diaspora im Herzen der »Grande Nation«
bestimmte – bedingt und begleitet von ökonomischer und kultureller
Marginalisierung
–, wird am Fallbeispiel eines jungen Afrikaners
veranschaulicht.
Sein Leidensweg führt ihn durch ein Paris, wie man es
selten, zumal in
französischen Filmen derselben Epoche, zu sehen bekommt.
Während zeitgenössische
französische Kommentatoren den Film ob seiner überschäumenden
Experimentierfreudigkeit in die Nähe der europäischen
Neuen Wellen
und des Avantgardefilms rückten, verortet ihn Hondo selbst
in der afrikanischen
Tradition abschweifenden, mehrschichtigen Erzählens.
In der
Bezugnahme auf eine als genuin afrikanisch verstandene Tradition
spricht
sich Hondos erklärtes Ziel aus, mit seinen Filmen ein Gegenwicht zu
dem,
wie er es selbst nennt, »euroamerikanischen Kino« zu schaffen. Nur
wenn
Afrikaner und Afrikanerinnen aller Länder die Produktionsmittel zur
Gestaltung
filmischer Bilder selbst in die Hand bekämen, war der rege Leser
von
Karl Marx, Frantz Fanon und Aimé Césaire überzeugt, kann die Befreiung
auch vom ideellen Erbe des Kolonialismus gelingen.
23.05. | 19:00
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