MUNA MOTO | L’ENFANT DE L’AUTRE
CAM 1975, R: Jean-Pierre
Dikongué-Pipa, D: Philippe Abia, David Endene,
Arlette Din Beli,
Gisèle Dikongué-Pipa, 86’ | DVD, OmeU
Wie Med Hondo verdiente sich auch Jean-Pierre Dikongué-Pipa seine Sporen
am Theater, was sich in Muna Moto allerorten bemerkbar macht. Noch der
geringsten Geste ist die mit eindrücklicher Präzision ausgeführte Mise-en-scène
anzusehen. Ganz im Gegensatz zu Hondo, dessen Soleil Ô (23.5.) den kritischen
Anspruch am Revers trägt, stimmt Dikongué-Pipas Erstlingswerk subtilere
Töne an und spaltete die politisierte afrikanische Filmkritik der 1970er Jahre
in Verächter und glühende Bewunderer. Die Erzählung um die unglückliche
Ndomé, die an den vermögenden Onkel ihres mittellosen Verlobten Ngondo
verkauft wird, obwohl sie dessen Kind in sich trägt, entspinnt sich in einer
verschachtelten
Konstruktion abrupt einsetzender Rückblenden, die sich erst
allmählich
zu einem chronologischen Zusammenhang fügen. Nicht immer geben
sie ihr Geheimnis ganz preis: Wohnen wir tatsächlich einer Erinnerung bei?
Oder vielmehr dem Traumbild einer möglichen Welt? Der Wechsel zwischen
den Erzählebenen wird oft durch emphatische Close-Ups von Ngondos Antlitz
vorweggenommen. Erst am Schluss, wenn ihn die Wirklichkeit in Gestalt eines
Polizeibeamten endgültig eingeholt hat, fungiert Ngondos Gesicht als
Bestandteil einer profanen Schuss-Gegenschuss-Sequenz: Ihm gegenüber kündet
ein weißes Gebäude mit der Aufschrift »Palais de Justice« vom Sieg der
institutionalisierten Ungerechtigkeit. Muna Moto ist der erste Film aus Kamerun,
der international reüssierte. 1976 wurde er mit dem Preis des Panafrikanischen
Film- und Fernsehfestivals von Ouagadougou (FESPACO) ausgezeichnet.
23.05. | 21:00
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